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Pathologien an Hufen d. Wildpferde von Kaimanawa

Das Modell des Wildpferdehufs wurde trotz begrenzter Basis an Beobachtungsdaten und mangelnder detaillierter empirischer Untersuchungen immer wieder als das Ideal des Pferdehufs hingestellt. Die dem zugrunde liegende Annahme ist, dass der von freiem Umherziehen geprägte Lebenswandel des Wildpferds wegen der langen zurückgelegten Strecken, einer abwechslungsreichen, natürlichen Ernährung und fehlender schädigender Domestikationseinflüsse zu einer idealen Hufgesundheit führen müsse. Es ist gut belegt, dass manche traditionellen Praktiken der Pferdehaltung wie fehlerhafte Fütterung, mangelnde oder übertriebene Bewegung, schlechte und seltene Hufpflege verheerende Auswirkungen auf die Hufgesundheit haben können. Allerdings wurde bislang noch nicht belegt, dass wilde oder wildlebende Pferde gesündere Hufe besitzen als solche, die in Obhut des Menschen leben. Ziel dieser Studie war eine empirische Untersuchung der morphometrischen Eigenschaften sowie des Vorkommens von Huferkrankungen und Hufanomalien in einer Gruppe erwachsener, wildlebender Pferde. Dabei hofften wir, dass die Ergebnisse die Pferdehalter dazu bringen würden, künftig Entscheidungen auf Grundlage guter Informationen zu treffen, wenn es darum geht, die Beobachtungen an Wildpferden zur Leitlinie von Hufbearbeitung und Haltungsbedingungen zu machen.
Die Forschungsgruppe „Australian Brumby“ hat an sechs Populationen wildlebender Pferde in Australien und Neuseeland Erhebungen zu Pathologien durchgeführt. Die Wildpferde von Kaimanawa in Neuseeland waren Gegenstand der ersten Erhebung.


Vorgehensweise
An 20 erwachsenen Kaimanawa-Wildpferden wurden neunzehn morphometrische Variablen gemessen, jeweils an allen vier Hufen und auf Grundlage von vier kalibrierten Fotografien sowie einer Röntgenansicht.

Ergebnisse
Es gab eine große Variation in den morphometrischen Dimensionen der Pferde, was auf schlechte und unrege1mäßge Hufformen hinwies. Die Durchschnittswerte der Hufvariablen lagen außerhalb der von Tierärzten und Hufexperten für Hauspferde empfohlenen Normalwerte.

Es konnten 20 Arten von Anomalien an mindestens 10% der 80 untersuchten Hufe festgestellt werden. Insgesamt war die Zahl der festgestellten Pathologien an den Vorderhufen höher (242) als an den Hinterhufen (192). Drei der vier Arten identifizierter knöcherner Anomalien waren an den Vorderhufen deutlicher ausgeprägt als an den Hinterhufen. Ein häufiges Vorkommen (25) dorsaler Exostosen des Hufbeins der Hinterhufe („bull nose tip“ / Hutkrempenbildung) sprach für ein insgesamt höheres Vorkommen aller knöcherner Veränderungen an den Hinterhufen (39) im Vergleich zu den Vorderhufen (29).

Die überraschendste Entdeckung waren röntgenologische und visuelle Beweise für chronische Hufrehe. 35% aller Hufe hatten zu 1ange Zehen und 15% waren mediolateral nicht ausbalanciert. Zu den vorgefundenen Pathologien zählten laterale (85% der Pferde) und dorsale (90% der Pferde) Wandausbuchtungen, Rillen im Horn (80%) sowie Hutkrempenbildung des Hufbeins.

Diskussion
Diese Studie ergab eine große Vielfalt an Hufformen und zahlreiche unerwünschte morphometrische Hufmerkmale innerhalb der Population der Kaimanawa-Wildpferde. Frühere Studien hatten von einem stets gleich bleibenden Huftyp an Wildpferden in den USA berichtet. Man hatte früher angenommen, dass der Bau des „Mustanghufs“ typisch für alle wilden oder wild lebenden Pferde sei. Die vorliegende Studie widerlegt diese Annahme. Ihre Ergebnisse liefern auch schlüssige Beweise dafür, dass innerhalb der Wildpferdepopulation von Kaimanawa ein hohes Vorkommen von Hufkrankheiten vorliegt, während man früher
glaubte, dass durch die Beschaffenheit der Wildpferdeumgebung (frei umherziehender Lebensstil und natürliche Futterauswahl) die Hufgesundheit dieser Pferde ideal sein müsse.

Zum jetzigen Zeitpunkt können wir nur über die Gründe dafür spekulieren, warum diese Wildpferdepopulation so schlechte Hufformen und so viele Hufkrankheiten hatte. Die Kaimanawa Pferde haben eine sehr abwechslungsreiche Futtergrundlage, die ihnen zu jeder Jahreszeit die Möglichkeit gibt, selektiv diejenigen Futtergräser herauszusuchen, die den höchsten Gehalt an nichtstrukturellen Kohlehydraten haben. Ponyrassen, deren Stoffwechsel sich an ein Überleben unter rauen Umweltbedingungen angepasst hat, sind besonders anfällig für Hufrehe. Ponyrassen gehören zur genetischen Zusammensetzung der Kaimanawa Wildpferde. Pferderassen dagegen sind nicht so anfällig für ein Übermaß an Kohlehydraten und Futterrehe.

Wir postulieren die Annahme, dass der Umgebungsdruck möglicherweise nicht hoch genug ist, um bei der Kaimanawa Wildpferdepopulation zu einer natürlichen Selektion des Huftyps und damit zur Schaffung eines einheitlichen Huftyps zu führen.

Vielleicht toleriert die Umgebung mit dem weichen Boden unter den Hufen und der leichten Verfügbarkeit von Gras und Wasser eine große Vielfalt von Huftypen bei den Kaimanawa-Pferden. Würde ein stärkerer natürlicher Selektionsdruck bestehen, so wie in den halbtrockenen Lebensräumen, könnte man einen homogeneren Huftyp erwarten, wie er vermutlich für das Überleben in einer rauen Umgebung nötig ist. Umweltfaktoren wie Härte des Untergrundes, von den Pferden zurückgelegte Entfernung und damit in Zusammenhang stehende Abnutzung des Hufs sowie Hufform könnten also zu den Unterschieden im Huftyp zwischen den Kaimanawa-Wildpferden und anderen Wildpferdepopulationen führen.

Die große Vielfalt morphometrischer Variablen und das hohe Vorkommen von Pathologien an den Hufen der Wildpferde von Kaimanawa könnte an Futter- und Umwelteinflüssen oder Kombination von beidem liegen. Es versteht sich von selbst, dass diese bestimmte Population von Wildpferden nicht als Leitlinie für eine Hufbearbeitungstheorie dienen darf. Die
Beobachtung anderer Wildpferdepopulationen könnte bessere Beispiele für gute Naturhufe liefern. Der Gesamttext dieser Studie wurde im Australian Veterinarian Journal, April 2010, veröffentlicht. Detaillierte Daten können beim Autor unter b.hampson1@uq.edu.au angefordert werden.

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